Homosexualität: Der Staat muss aus dem »Ehe-Ding« aussteigen. Komplett.

Ist es möglich, eine Win-Win-Situation im Streit um die Homo-Ehe zu erreichen? Pastor Bob Hyatt sagt einem Blogbeitrag für den renomierten Christianity-Today-Blog OutOfUr: Ja, und es ist nicht möglich, sondern vielmehr zwingend erforderlich.

In dem mutigen und streitbaren Beitrag fordert er von Befürwortern und Gegnern der Homoehe Kompromissbereitschaft, damit wir in diesem Punkt weiterkommen. Das in Kalifornien der „Proposition 8“ mit einer knappen Mehrheit zugestimmt (und damit die Homo-Ehe in diesem Staat verboten) wurde, zeigt die verhärteten Fronten.

Die Homo-Ehe ist immer für einen Streit gut. Und zwar deshalb, meint Bob Hyatt, weil keine Seite bereit ist, sich in die Perspektive der jeweils anderen Seite ernsthaft hinein zu versetzen.

Wohin uns das führen wird? Zu noch mehr Proteste gegen Christen, zu noch häufigeren Vorwürfen gegenüber Gegnern von Homosexualität, sie würden Intoleranz und Hass verbreiten (deutscher Einschub: siehe Christival).

Und noch wichtiger in Hyatts Augen: Immer weniger Schwule Frauen und Männer, die offen für das Evangelium sind – denn nach ihrem Empfinden sind sie den Christen schlicht egal.

Hyatt sagt deshalb: Wir Christen sollten akzeptieren, dass es nicht unangemessen von Schwulen ist, nach Erbschafts-, Sorge- und Besuchsrechten zu streben. Das alles sind gute Dinge, die wir allen anderen zugestehen können, auch wenn sie in Beziehungen leben, die wir nicht unbedingt befürworten oder fördern wollen.

Hyatt fordert sogar, diese Rechte nicht nur zu akzeptieren, sondern auch aktiv dafür zu kämpfen, um praktisch zu demonstrieren, dass wir „den Sünder lieben“.

Tiefe Gefühle rund um das Wort Ehe

Auf der anderen Seite müssen die Befürworter der Homo-Ehe die tiefen Gefühle verstehen, die mit dem Wort „Ehe“ zusammen hängen. Ehe ist für Christen heilig, für mache sogar ein Sakrament. Sie müssen verstehen, so Hyatt, dass Christen es als zutiefst anstößig empfinden, wenn plötzlich der Staat in einem Bereich herumdefiniert, der im Grunde  eine Glaubenssache ist – nämlich der Ehe.

Solange wir also von der Homo-Ehe reden, werden sich Befürworter und Gegner keinen Zentimeter aufeinander zu bewegen.

Die Lösung: Change the system

Bob Hyatts Lösungsansatz ist bestechend simpel: Der Staat muss aus dem „Ehe-Ding“ austeigen. Komplett. Ehe soll nach Hyatts Meinung wieder Domäne der Kirche werden.

Der Staat soll dagegen einfach nur Partnerschaften anerkennen – von jedem, der sie will. Er soll die sich daraus ergebenden Rechte gewähren und ihre Einhaltung überwachen. Mehr nicht.

Natürlich spricht er als Amerikaner in die US-Situation hinein, wo der Eheschluss ganz anders organisiert ist als bei uns in Deutschland. Trotzdem betrifft Hyatts Kritik und damit sein Vorschlag auch uns. Auch bei uns wird von Ehe gesprochen, wenn man zum Standesamt geht. Viele Christen sehen ihre Ehe als geschlossen an, selbst wenn die kirchliche Zermonie noch nicht stattgefunden hat. In unseren europäischen Köpfen ist zivile und kirchliche Ehe latent austauschbar.

Wenn der Staat, so Hyatts Argumentation, nicht mehr Ehen, sondern generell nur noch eingetragene Lebenspartnerschaften schließen würde, so wären staatlich anerkannte Beziehungen zwischen homsexuell empfindenden Menschen keine Ehe mehr. Und trotzdem hätten die Menschen – die ja hoffentlich selbst dem schärfsten Gegener von Homosexualität am Herzen liegen – die gleichen Rechte und Pflichten wie Heterosexuelle, die sich als Paar zusammen schließen und sich (ewige) Treue und Liebe versprechen.

Die Schließung einer Ehe bliebe dann einzig und allein den Kirchen vorbehalten. Und die könnten sich je nach theologischer Erkenntnis weiterhin für oder gegen eine Eheschließung homosexueller Paare vor Gott entscheiden. Völlig unbehelligt von Antidiskriminierungsgesetzen und der – nach Ansicht Hyatts völlig legitimen – Forderung nach gegenseitigen Rechten und Pflichten.

Nicht nur das System, sondern auch die Herzen ändern

Weiter ist es allerdings, so Hyatt, notwendig, nicht nur das System, sondern auch die Herzeneinstellung zu ändern. Auf beiden Seiten.

Befürworter von Homosexualität müssen aufhören, Kritik an Homosexualität als Bigotterie und Hass zu bezeichnen. Das ist es nämlich nicht, sondern vielmehrKonsequenz einer tiefen Überzeugung und einer Sicht von Ehe  als Geschenk des Schöpfers innerhalb bestimmter Grenzen.

Von Christen allerdings verlangt er, dass sie ihrerseits den Blick auf das Ziel ausrichten: Nämlich dass möglichst viele Menschen die Nachricht von der Liebe Gottes hören, verstehen und für sich annehmen.

Denn de facto denken die meisten Schwulen nicht viel an uns und unseren Jesus. Und zwar nicht wegen der Anstößigkeit des Evangeliums (mit dem sie sich gar nicht erst beschäftigen), sondern wegen unserer Ablehnung dessen, was sie als fundamentales Menschenrecht verstehen.

Hyatt fürchtet, dass wir auf absehbarer Zeit weiter Schlachten wie die rund um Prop 8 gewinnen, aber dabei letztendlich und dauerhaft den Kampf um die Herzen eines Teil unserer Mitbürger verlieren. Mitbürger, die aufgrund dessen, was sie in uns sehen (oder vielmehr was sie nicht sehen), zu der Überzeugung gelangen, dass das Evangelium für sie keine gute Nachricht sein kann.

Übrigens: Den Original-Artikel kann man hier lesen (kostenloses Newsletter-Abo von OutOfUr erforderlich).

Genial oder verrückt?

Hyatts Vorschlag ist sicherlich weitreichend und wird kontrovers diskutiert werden. Wir Deutsche müssten uns beispielsweise fragen, was das für den grundgesetzlich garantierten Schutz der Ehe bedeute würde. Wäre das dann nur noch ein Schutz von eingetragenen Partnerschaften? Oder ist das sowieso eine veraltete Denke?

Mich würde eure Meinung zum dem Vorschlag interessieren… Klug oder dämlich? Heilsam oder gefährlich? Genial oder verrück?

32 Kommentare

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32 Antworten zu “Homosexualität: Der Staat muss aus dem »Ehe-Ding« aussteigen. Komplett.

  1. Kathi

    Also, echt, mag sein, dass ich hier einfach absolut falsch bin, aber habt Ihr Euch selbst mal zugehört? „Homosexualität ist Sünde“. Mann, in welchem Jahrhundert lebt Ihr eigentlich?! Ich finde die Ansätze des guten Herrn Hyatt mit das Vernünftigste, was je aus der Kirchenfraktion zu dem Thema gesagt wurde. Jeder ist wie er ist und wurde – wenn’s wahr ist – dann von Eurem lieben Gott so geschaffen. Also kümmert Euch um die wirlichen Probleme in der Welt wie z.B. die Christenverfolgung in Indien zur Zeit und lasst die Schwulen und übrigens auch Lesben (jaaa, die gibt’s auch noch!) in Ruhe!

  2. Heinrich Zimmermann

    Herr Byatt hatt Recht mit seinen guten und hilfreichen Worten.
    Die Ehe ist etwas geistiges und praktisches zwischen Mann und Frau, gestiftet von Gott und gewachsen in der Menschheitsentwicklung.
    Viele Menschen sind nicht zur Ehe berufen oder fähig. Andere wiederum können sich nur vorstellen, in homosexueller Beziehung zu leben.
    Das ist doch kein Verbrechen. Niemand muss so sein, wie ich ihn mir vorstelle oder gern hätte.
    Eine homosexuelle Partnerschaft kann aber einfach keine Ehe sein, diese ist ein Bund und ggf. Sakrament nur zwischen Mann und Frau.
    Aber das Gesetz des Staates kann doch auch verbindliche Partnerschaften schützen zwischen Gleichgeschlechtlichen.
    Adoptierte Kinder hingegen gehören nur zu Adoptivater plus Adoptivmutter, weil Kindern das Recht zusteht, mit Eltern aufzuwachsen, die ihnen beide Seiten des Menschseins vorleben, nämlich die männliche und die weibliche. (Wäre es nicht so, gäbe es ja keine Kinder)

  3. Interessanter Ansatz – nur frage ich mich: löst er den Streit innerhalb des christlichen Lagers oder wird die Diskussion dann nur noch dort (aber nicht weniger verbissen…) geführt?

    Newsweek hatte dazu kürzlich auch einen recht guten und eher unpolemischen Artikel, der auch das christliche Sünden- und Eheverständnis in diesem Zusammenhang unter die Lupe nimmt: http://www.newsweek.com/id/172653

  4. Katharina

    Hmmm … ich frage mich, wie jemand, der/die das Alte Testament mit eingeschaltetem Gehirn liest, jemals behaupten kann, die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau sei die einzige von Gott gesegnete Lebensform. Ist denn allen entgangen, dass sowohl David als auch Salomo riesige Harems hatten ???? Und gerade im Fall David lest doch mal nach, in welcher Weise der Prophet Nathan David (im Auftrag Gottes) kritisiert. Dass David ganz viele Frauen hat, ist demnach ganz in Ordnung, nur die eines anderen zu nehmen, war die Sünde.
    Versteht mich nicht falsch – ich bin kein Fan der Vielehe. Aber es ist einfach nicht redlich, Gott eine Moral zu unterstellen, die uns selbst am Besten gefällt !
    Übrigens : Wenn der Staat die Ehe deshalb besonders schützen sollte, weil aus ihr Kinder hervorgehen könnten (!!!) wäre das ein hervorragendes Argument für die Einführung der offiziellen Vielehe. Wie viele Kinder könnte uns das bringen ……. ?
    Und was ist mit den Staaten mit Überbevölkerung ? Sollte der Staat da nicht die kinderlosen Partnerschaften als einzige positiv sanktionieren ??
    Fragen über Fragen ……

  5. esra2008

    Ich stimme allen Schreibern zu, die sagen, dass Homosexualität Sünde ist – denn die Bibel ist Gottes Wort und „Sünde“ ist etwas, was von Gott trennt, in welcher Form auch immer.

    Ich kann die Gedanken von Bob Hyatt voll und ganz nachvollziehen, würde ihm sogar zustimmen, aber gleichzeitig meine Skepsis anmelden, dass es doch nicht funktioniert. Ich sehe in der ganzen Geschichte noch die „geistliche Komponente“, denn es geht hier um etwas tiefgründigeres, als die Homosexualität: Schon seit Urzeiten existiert der Kampf zwischen Satan und Gott. Satan versucht von Anfang an, zu zerstören, die Menschen von Gott wegzubringen, zu rauben zu morden … (Manchmal listig wie eine Schlange, manchmal wie ein herumbrüllender Löwe) – Er kennt kein anderes Ziel. Gott hat keinen sehnlicheren Wunsch, als jeden Menschen zu retten, aber es gibt auch Bibelstellen, wo Gott ausdrücklich zuläßt, dass die Leute, die bewußt sündigen, er „ihrem Wandel“ überläßt (… etwas frei formuliert) – aber er hat den Wunsch und tut alles, um Menschen (= Sünder) für sich zu gewinnen, zu heilen, zu retten.

    So, und nun kommen die verschiedensten Ideen der Menschen, um verschiedenen Sünden den Garaus zu machen oder die Christen zu schützen oder was auch immer… Aber der Kampf findet weiter „hinter den Kulissen“ statt. Selbst wenn – um auf das Thema des Blogs zurück zu kommen – Hyatts Vorschlag sich durchsetzen würde, könnte ich mir vorstellen, dass der Teufel wieder versucht, Menschen zugrunde zu richten, dann halt eben anders … Nehmen wir das simple Beispiel Indien, die Unruhen und Morde vor ein paar Wochen: die Christen waren nicht Schuld an der Geschichte, aber sie wurden dazu benutzt, um einen Grund zu finden, Christen zu vernichten … (oder: Gründe zu finden, damit sich das „gemeine Volk“ wieder über die Christen aufregt, weil sie noch innerhalb ihrer Kirchen sich von den Homosexuellen Partnerschaften ditanzieren…).

    Ist nur so ein Einwurf, ich würde trotzdem Hyatts Vorschlag für gut befinden, denn in der heutigen Zeit spricht er das aus, was eigentlich schon lange im Gange ist: Den Staat interessiert eigentlich schon gar nicht mehr, ob Ehe heilig ist, oder nicht, aber als ein hohes, menschliches Gut wird es noch mit weitergeführt …

    Meine Frau und ich haben übrigens auch unseren christlichen Hochzeitstag in die Ringe machen lassen und nicht den vom Standesamt … 😉

    Danke für diesen Bericht, Herr Krüger!
    Matthias

  6. Thomas

    „Mich würde eure Meinung zum dem Vorschlag interessieren… Klug oder dämlich? Heilsam oder gefährlich? Genial oder verrück?“

    Also ich finde diese Meinung gefährlich und schizophren.

    Das hat nichts mit Nächstenliebe zu tun. Jesus liebt auch den Sünder und nennt Sünde aber Sünde. Anders können wir es auch nicht tun, auch oder gerade wenn wir glaubhaft Zeugnis geben wollen!

  7. Thomas

    Hallo Rolf,

    lies die Bibel und finder heraus wie Jesus mit den Sündern umgegangen ist. Er nennt Sünde beim Namen, und wer ihm offen begegnet, der erkennt auch sein falsches Verhalten und kehrt um. Das kann natürlich ein längerer Prozess sein, aber auch eine Sofortreaktion. Man muss sich nur auf Jesus einlassen und ihm vertrauen.

    Auf alle Fälle ist es verkehrt, wenn ich mich z. B. zu einem Alkoholiker setze und mit ihm zeche. Mit „Mach ruhig weiter so“ ist ihm nicht geholfen.

  8. Hallo Thomas,

    wie Jesus das machte, das weiß ich. Aber du und ich, wir sind nicht Jesus.

    Ich würde deshalb gerne wissen, was es für dich persönlich bei diesem konkreten Thema bedeutet, den Sünder zu lieben.

    Grüße,
    Rolf

  9. esra2008

    Hi Thomas, ich sehe das sicher genau so wie Du, aber bei Homosexualität ist es mitunter viel schwerer, mit dem Umkehren… Im Praktischen hab ich in sofern ein „Problem“: Ich habe einen christlichen Kumpel, der hat sich wirklich für Jesus entschieden, hat sein „Coming out“ erlebt und sieht es absolut nicht als Sünde (ich schon) weil Kirchens sich nicht klar dagegenstellen und es als Sünde benennen. Wenn ich mit ihm darüber reden würde, nimmt er es als Ablehnung der Person und nicht der Sünde … genau in diese „Kerbe“ will Hyatt hinein: Die Kirchen / Christen sollen die Chance haben, es als Sünde wieder anprangern zu dürfen, Grenzen zu setzen und sich trotzdem um die Sünder kümmern – zumindest habe ich es so verstanden.
    Natürlich sollten wir die Nächstenliebe da nicht außen vorlassen, auch wenn es ehrlich gesagt, manchmal sehr schwer ist. In meinem Falle weiß mein Kumpel, wie ich denke, der Kontakt ist abgebrochen und ich kann nur für ihn beten und mich freuen, wenn er diverse Kontaktversuche meinerseits wieder positiv beantwortet …

  10. Claudia Müller

    Hallo,

    wenn ich hier mal die Kommentare sehen, wird mir übel. Genau, das ist es was mich an meine Mitchristen stört, sie können nur verurteilen.
    Wir können nich aufhören zu sündigen, wir sind Sünder und bleiben es ein Leben lang.
    Homosexuell = Sünde?
    Ich lese was anderes in der Bibel raus,
    in der Bibel steht eindeutig drin,
    dass die Menschen sich gleichgeschlechtig
    lieben werden.
    Es wird eher als eine Strafe Gottes beschrieben.

    Wo steht in der Bibel, dass Jesus Zacharaäus zurechtgewiesen hat? Er hat mit ihm am Tisch gesessen und seine Liebe zu den Sündern ausgestrahlt und deshalb hat sich Zacharäus geändert und nicht weil mit einem erhobenen Zeigefinger zugetextet wurde, ach was für ein sch.. Sünder er doch sei.